Werner Göllnitz
(1928-2022)
Als meine Großmutter eines Tages zur Sparkasse ging, liest sie: Ein Lehrling wird gesucht. Das war genau meins. Ich war Volksschüler, bin nach acht Klassen abgegangen. Nur Reiche konnten sich damals eine bessere Bildung leisten. Dazu gehörten wir nicht. Aber ich wurde genommen. Frauen wurden übrigens damals gar nicht als Lehrlinge eingestellt, nur als Hilfskräfte beschäftigt. Nach dem Krieg, war man dann sehr froh, dass man diese Frauen hatte.
Nun bin ich ja Jahrgang 1928. Und eines Tages hieß es, wir müssten zeitiger zur Armee. Es war Krieg. Ich wollte aber unbedingt erst meinen Abschluss machen. Also habe ich mich gekümmert, bin zum Bürgermeister, dann nach Cottbus zur IHK. Schließlich bekam ich tatsächlich einen Termin und konnte meine Prüfung als Bankkaufmann absolvieren. Am nächsten Tag kam dann die Einberufung, am übernächsten musste ich losziehen. Ich war noch sehr jung, habe viel erlebt. Auch Gefangenschaft, Hunger und Kälte.
Als ich nach Kriegsende wieder zu Hause in Finsterwalde ankam, bin ich zuerst zur Sparkasse. Der damalige Direktor wollte mich nicht, dachte, ich sei viel zu jung und hätte keine Ahnung. Erst fand ich Arbeit bei der Stadt, später aber, mit 19 Jahren, dann doch als Kassierer bei der Sparkasse. Mein Vater musste übrigens für mich bürgen. Ich war ja noch keine 21.
So fing ich also wieder bei meiner Sparkasse an und es hieß: „Kommen Sie in Winterkleidung. Wir haben ungeheizte Räume.“ Nun kassieren Sie mal in ungeheizten Räumen, mit steifgefrorenen Fingern. Wir durften dann ab und an mal in den Nebenraum, uns am Ofenrohr aufwärmen.
Schließlich kam das Jahr 1948. Ich machte nicht nur den ersten Geldumtausch mit, sondern auch die Monate davor, als wir die „Tapetenmark“ selbst kleben mussten. Ja, wir stellten zu der Zeit dann alle Konten um. Auch alle Sparkonten, die abgewertet wurden. Da habe ich bis nachts gearbeitet, ein paar Stunden geschlafen, dann wieder gearbeitet. Das ging ein Vierteljahr lang so. Aber wir haben das gerne gemacht.
Es war etwa so, wie zu meiner Zeit als Lehrling. Bei jedem Fliegeralarm sind wir zur Sparkasse. Da saß dann der Direktor und wir mussten da auch hin und warten. Ab nach Hause ging es erst, wenn alles in Ordnung war. Vielleicht noch ein zweiter Alarm hinterher? Manchmal war das so. Natürlich alles, ohne einen Pfennig Geld dafür zu bekommen. Heute unvorstellbar. Aber wir haben das damals so gemacht.